Hallo Peter,
danke,
 dass du diese interessante und relevante Frage in die Runde wirfst. Das
 Thema /127 vs. /64 für Point-to-Point-Verbindungen ist in der Tat ein 
Klassiker, bei dem die Meinungen oft auseinandergehen. 
Du
 hast die zentralen Dokumente ja bereits selbst sehr gut 
zusammengefasst. Einerseits gibt es den RFC 6164, der aus 
Sicherheitsgründen die Verwendung von /127-Präfixen auf reinen 
Inter-Router-Links empfiehlt, um beispielsweise "Neighbor Discovery 
Exhaustion"-Angriffe zu erschweren. Auf der anderen Seite stehen die operativen Best Practices, wie sie RIPE im Dokument RIPE-690 zusammenfasst.
Die
 Empfehlung von RIPE, die du ansprichst, ist ein pragmatischer 
Kompromiss. Man erkennt die sicherheitstechnischen Vorteile eines /127 
an, weist aber gleichzeitig auf zwei wichtige Punkte aus der Praxis hin: 
Nicht alle Router oder Switche unterstützen Präfixlängen, die größer 
als /64 sind, oder die Nutzung solcher längeren Präfixe kann auf manchen
 Geräten mehr Ressourcen verbrauchen. Ein /64 ist daher der "sicherste 
Ansatz" (the safest approach), der mit praktisch jedem Equipment 
funktioniert. 
Ein /64 bietet Flexibilität, falls sich zukünftige Standards ergeben 
oder der Link doch einmal für mehr als nur zwei Geräte genutzt werden 
soll. 
Der
 Kern der RIPE-Empfehlung lautet daher: Selbst wenn man sich für die 
Nutzung eines /127 entscheidet, ist es ratsam, für diesen Link trotzdem 
ein ganzes /64 zu allokieren und das /127 nur als ein Teil davon zu 
nutzen ("it is also advisable to allocate a /64 for each link and use 
just one /127 out of it"). So kombiniert man die Sicherheit des /127 mit
 der Stabilität und Zukunftssicherheit eines /64 in der Zuteilungslogik. 
Dass
 das Bundesverwaltungsamt in seinen Profilen für die öffentliche 
Verwaltung die Nutzung von RFC 6164 aus Sicherheitsaspekten als 
verpflichtend einstuft, unterstreicht den sicherheitstechnischen Aspekt.
 Hier wiegt das Sicherheitsbedürfnis in einem klar definierten Umfeld 
(öffentliche Verwaltung) möglicherweise schwerer als die allgemeine 
operative Flexibilität, die RIPE für Provider im Auge hat. 
Zusammenfassend
 lässt sich sagen, dass es hier wohl keine universell "richtige" Antwort
 gibt, sondern eher einen Abwägungsprozess zwischen maximaler Sicherheit
 (RFC 6164), maximaler Kompatibilität und operativer Einfachheit 
(RIPE-690). Die Empfehlung von RIPE ist ein sehr guter Mittelweg, der 
versucht, das Beste aus beiden Welten zu vereinen. 
Ich hoffe, das hilft dir weiter!
Viele Grüße